Normalerweise ist der Gedanke an Wiedergeburt bei vielen mit Bhuddismus oder Hinduismus besetzt. Es ist die Vorstellung, dass die Seele immer und immer wieder auf die Erde kommt – eigentlich eine entsetzliche Vorstellung. Im Christlichen Sprachgebrauch findet sich das Wort unter einem ganz anderen Verständnis. Es ist ein wunderbares Erlebnis, dass einem während seines Lebens widerfährt. Dazu folgende Geschichte:
Auf einer Lichtung, in der milden Sommerluft, lag auf einer Picknickdecke eine Streichwurst. Ihre Pelle glänzte prall in der Mittagssonne und die Wurst genoss die Ruhe des Waldes.
Die Menschen hatten sie dort abgelegt und spielten abseits Federball.
Ein wenig langweilig war ihr schon geworden, als sie eine Raupe bemerkte, die geradewegs über das Picknickgedeck kroch. „Hallo Sie,“ sprach die Wurst die Raupe an. Doch diese würdigte die Wurst keines Blickes. „Hallo, wollen wir uns ein wenig unterhalten?“, versuchte die Wurst es ein zweites Mal. Nun wandte die Raupe sich um, hob ihren Kopf so hoch es ging und antwortete mit geringschätzigem Blick: „Mit Leuten Ihrer Art pflegen wir nicht zu verkehren.“
Die Wurst war nach dieser Abfuhr betroffen, doch nicht so sehr, dass sie nichts mehr zu entgegnen gehabt hätte: „Wie meinen Sie das, wenn Sie sagen: mit ihrer Art? Wenn ich uns beide betrachte, sehe ich doch recht viele Ähnlichkeiten. Besonders im Körperbau.“
„Das denken aber auch nur Sie“, erwiderte die Raupe. „Es gibt da einen wesentlichen Unterschied zwischen uns beiden, der unser Innenleben und damit unsere Zukunft ausmacht. Ich werde mich bald an einen Ast hängen, verpuppen und ein schöner Schmetterling werden. Sie hingegen wird man heute noch in der Mitte entzweischneiden, die Enden auskratzen und ihre Eingeweide auf einer Brotscheibe verteilt verzehren. Ihr Daseinszweck ist der Bauch, meiner der Himmel. Sehen Sie, wie grundverschieden wir sind?“
Darauf kroch die Raupe fort.
Die Wurst war entsetzt. Sie hatte nicht gewusst, dass ihr ein so grausames Schicksal bevorstand. Ihr ganzes Dasein erschien ihr beklemmend. Sie begann sich selbst dafür zu verachten, nicht mehr als bloß ein Lebensmittel zu sein. Sie hätte am liebsten geweint, aber das können Würste ja nicht. Die Stimmen der Menschen näherten sich.
Aus ihren trüben Gedanken aufgeschreckt, verbanden sich in ihr der Lebenswille und die Weigerung, das Unausweichliche zu akzeptieren.
Ich will leben. Wer sagt denn, dass ich schlechter bin als diese Raupe? Ihre Gedanken trieben sie an, das Unmögliche zu versuchen. Sie begann sich zu winden und zu krümmen. „Ich werde fortkriechen wie diese Raupe“, dachte sie. Unter großen Mühen gelang es ihr schließlich über den Tellerrand zu fallen. Der Schwung reichte gerade, um etwas über das Tuch zu rollen und im angrenzenden Gras liegen zu bleiben.
Die Menschen bemerkten nicht einmal, dass sie fehlte. Um das drohende Schicksal wissend, war ihr das auch ganz recht so. Die Menschen packten ihre Sachen und gingen. Zurück blieb eine verstörte, einsame und verzweifelt traurige Wurst. Es wurde Abend.
Als sie von den Sonnenstrahlen des neuen Morgen geweckt wurde, fragte sie sich, was sie nun beginnen sollte. Wozu war eine einsame Wurst schon gut? Bedrückt dachte sie an die Worte der Raupe. Warum meinte dieses Tier, so sehr besser zu sein? So reifte in der Wurst ein kühner Gedanke: „Was diese eingebildete Person kann, das vermag ich doch schon lange!“ Die Wurst begann zu kriechen. Nicht besonders gut, aber gut genug, um bis zum Nachmittag zu einem kleinen Busch zu gelangen. Sie schaukelte hin und her, bis das Fädchen an ihrem Zipfel an einem niedrigen Ast zu hängen kam. So baumelte sie nun an diesem Ast und sagte sich: Auch ich will mich verpuppen und zu einem Schmetterling werden.
Da hing sie nun und es vergingen Tage und Wochen. Ihre Pelle verschrumpelte und der Wurst war nicht wohl dabei. „Ich hoffe, ich bin noch nicht schlecht geworden. Hoffentlich reißt meine Pelle nicht,“ dachte sie. Doch genau in diesem Augenblick ertönte ein knackendes Geräusch.
Die Wurstpelle war der ganzen Länge nach aufgerissen. Ein Wesen kroch aus dem Inneren mit Beinen und faltigen Flügeln. Diese streckte es zum Trocknen in die Luft und bald wurde klar: Ein riesengroßer, streichwurstfarbener Schmetterling hatte das Licht der Welt erblickt. Überglücklich erfreute er sich seiner neu gewonnenen Leichtigkeit.
„Der Himmel gehört mir!“
rief er, der einst eine Wurst gewesen war, und stürzte sich in blaue Höhen. Er verbrachte einen berauschenden Sommer in der Schönheit seiner neuen Heimat.
Er war groß, wunderbar und lebensfroh. Bald vermehrten sich die Berichte über einen außergewöhnlich großen Schmetterling, der angenehm nach Streichwurst duftete. Biologen haben ihn schließlich eingefangen und zum Schutz vor der Winterkälte in das Tropenhaus von Burgers’ Zoo in Arnheim umgesiedelt.
Wer sich überzeugen möchte, braucht dort einfach nur das Personal zu fragen!
Es gibt einige, die diese Geschichte nicht glauben wollen.
Was, du glaubst sie nicht?
Könnte es daran liegen, dass du es dir so gar nicht vorstellen kannst? Das kannst du getrost glauben: Wir sind von wunderbaren Mächten umgeben, die selbst mit einer einsamen Wurst Mitgefühl zeigen würden!
Wenn unser Glaube nur so groß ist wie der einer armen Wurst im Wald, dann werden auch wir Gottes Wunder sehen!
„Weil ihr nicht wirklich glaubt“, antwortete Jesus. „Wenn euer Glaube nur so groß wäre wie ein Senfkorn, könntet ihr zu diesem Berg sagen: ‚Rücke von hier dorthin!‘, und es würde geschehen. Nichts wäre euch unmöglich! Matthäus 17,20